Sprache lebt – Gedanken zur Veränderung

Sprache lebt – Gedanken zur Veränderung

Von Stephanie Mayr

Corona. Vor kurzem noch in Form einer Biersorte in vieler Munde, wird es für lange Zeit wohl vor allem als Virus und Zeit der Beschränkungen im kollektiven Gedächtnis verankert bleiben. Aber keine Sorge, dies wird kein Text über die derzeitige Situation, das Wort dient nur als sehr aktuelles Beispiel für das heutige Thema.

Sprache ist für uns selbstverständlich. Sie ist wie die Luft, die wir atmen, wir denken nicht über sie nach, sondern verwenden sie einfach, um uns auszudrücken und mit anderen auszutauschen. Haben wir keinen Beruf, der sich mit Sprache befasst, verschwenden wir im Alltag für gewöhnlich keinen Gedanken an sie und so beschleicht uns schnell das Gefühl, Sprache sei etwas Konstantes. Aber schon beim Aufschlagen von z. B. mittelalterlichen Gedichten von Walther von der Vogelweide wird klar, dass man diese ohne Übersetzung kaum mehr verstehen kann. Und man muss nicht einmal soweit in der Geschichte zurückgehen. Schon ein Gespräch mit den Großeltern zeigt, welchen Veränderungen die Sprache unterworfen ist. Hier fallen Wörter wie Lavoir (eine Waschschüssel, österr.), Trottoire (Bürgersteig) oder Kombinege (Unterkleid). Und hätte man mich vor wenigen Jahren gebeten, ein Selfie zu schicken, etwas in Wikipedia nachzuschlagen oder am Zoom-Meeting teilzunehmen, wäre ich wohl sehr perplex zurückgeblieben. Aber woher kommen diese Veränderungen?

WANDEL

Sprachen befinden sich in einem unbewussten, aber ständigen Wandel. Sie werden von unseren Kulturen und Lebensrealitäten beeinflusst und diesen angepasst. So kommt es im Laufe der Zeit zu Veränderungen bei Wortschatz, Bedeutungen, Grammatik und sogar bei Lauten. Am Auffälligsten werden diese, wenn in den Medien wieder einmal die Kritik an Rechtschreibformen oder den Neuzugängen im Duden laut wird.

 

GLOBALISIERUNG

Unsere schnelllebige Zeit mit vielen technischen Fortschritten und der Globalisierung verstärkt diesen Prozess. So verlangen z. B. neue Erfindungen nach neuen Worten (erst durch die Erfindung des Computers wurde das Wort dafür geschaffen), bei geschichtlichen Ereignissen werden neue Bedeutungen festgelegt (Wiedervereinigung, das Dritte Reich, …)  und neue Konzepte – man denke nur an die Gender-Diskussionen oder die vielen Marketing-Strategien – müssen benannt werden. Zudem kommen kulturelle Veränderungen wie neue Arbeitssysteme (ganz aktuell das Home-Office), Familienstrukturen (Patchwork-Familie) oder Modetrends (Crop-Top), um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Diese zeigen sogleich auch den starken Einfluss der amerikanischen Leitkultur, wodurch mehr und mehr Anglizismen im deutschen Sprachgebrauch aufgenommen werden. Aber auch der Konsum von Medien oder Migrationsbewegungen führen zu neuen Ausdrucksweisen. In Österreich wird zum Beispiel über den Einfluss des Bundesdeutschen im Fernsehen auf die Jugendsprache diskutiert und in den USA – natürlich machen Veränderungen auch vor anderen Sprachen nicht Halt – macht man sich über den Einzug des sogenannten Spanglish sorgen.

Selbstverständlich ist das nur ein kleiner, willkürlich gewählter Auszug an Beispielen für die vielen Veränderungen, denen unsere Sprachen unterworfen sind. Dennoch wird deutlich, wie wichtig es gerade für ÜbersetzerInnen ist, in allen ihren Arbeitssprachen immer am aktuellen Stand zu sein – sei es nun mit (einem Schluck) Corona oder trotz (der) Corona(-Krise).

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